Da in Villa Montes sonst nicht viel los war und die Temperatur von um und bei 38 Grad nicht gerade zu ausgedehnten Spaziergängen einlud, hatten wir viel Zeit, um uns noch einmal Gedanken über die Strecke nach Filadelfia zu machen. :scratch: Die drei Bolivianer, die wir in Tarija kennengelernt hatten, haben uns zwar versprochen „alles Asphalt“ aber so ganz trauten wir dem Frieden noch nicht. Wir waren uns aber sicher, dass zumindest die Ruta 9 in Paraguay aspahltiert sein wird, da diese die einzige Fernstrasse quer durch Paraguay ist. Gemäss eines Artikels in einer paraguayischen (deutschsprachigen) Tageszeitung ist auch die Strecke von Villa Montes (Bolivien) bis zur Grenze bei Infante Rivarola (Paraguay) seit neuestem super asphaltiert. :good: So weit so gut…es blieb also nur noch zuklären, wie es mit der Strasse zwischen Infante Rivarola und der Ruta 9 aussieht (Picada 108). Die Suche im Internet führte uns gleich als erstes auf die Seite „dangerousroads.org“. Irgendwie nicht gerade beruhigend…! :unsure: Zu sehen waren dort auch einige Fotos mit im Schlamm steckenden Geländefahrzeugen. Wir waren also schon drauf und drann die Reiseplanung wieder umzukrempeln, denn dort wollten wir nicht lang!! Unser Südamerika-Reiseführer konnte uns dann aber beruhigen: Die komplette Strecke von der Grenze bis Filadelfia (und auch weiter bis Asuncion) ist mitlerweile komplett asphaltiert. Nagut…wenn das da so geschrieben steht, dann wollen wir das mal glauben. :yes: Immerhin ist besagter Reiseführer druckfrisch und auf dem Cover klebt ein Sticker „Komplett neu recherchiert“. Wir waren uns also sicher: Wenn da während der Recherche schon asphalt war, dann wird er da jetzt immernoch sein. Vorsichtshalber sind wir diesen Abschnitt aber noch einmal bei Google-Earth abgeflogen. Auch dort sah die Strecke asphaltiert aus. So beruhigt haben wir gleich schon mal das Hotel für Filadelfia reserviert.
Am nächste Morgen war erstmal Tanken angesagt. Das gestaltet sich hier immer etwas schwierig, da viele Tankstellen eigentlich nur Kraftstoff an einheimische Fahrzeuge verkaufen dürfen. Aber nach ein wenig hin und her bekamen wir dann doch etwas.
Der Ritt nach Filadelfia konnte beginnen…550 km plus ein Grenzübergang lagen vor uns. :roller: Schon nach den ersten knapp 30km kam das Entsetzen: vorbei war der schöne Asphalt und im Schneckentempo holperten wir über die Sand-Schotter-Piste. Eine wahre Freude bei 40 Grad und dem Wissen, dass noch gut 500 km vor uns liegen. :sick: Nach weiteren 30km war plötzlich alles wieder gut: Die Strecke war wieder aspahltiert!! Juhu…! :yahoo: Zufällig kam aus der anderen Richtung gerade ein Tanklastwagen angerauscht. Den mussten wir doch erstmal anhalten, um zuklären, wie die weitere Beschaffenheit der Strasse denn so ist. „Bis zur Grenze super, danach sehr schlecht“. Mmhh…der erste Teil der Aussage war erfreulich, bei Teil zwei haben wir ihn sicher falsch verstanden (dachten wir). Zum Abschied hat er uns noch 1.5 Liter Wasser aus seiner Kühlbox geschenkt. Ach ja… nett sind die hier schon alle! :good: Wir waren happy und die Flasche auch gleich alle. Bis zur Grenze war die Strecke tatsächlich super. Die Ausreise aus Bolivien lief auch Reibungslos und eine richtige Einreise in Paraguay gab es gar nicht. Auf paraguayischer Seite wurden Reisepass und Fahrzeugschein zwar kontrolliert aber einen Stempel oder Papiere für die Motos hatten sie dort nicht. „Migracion und Aduana sind in Mariscal“, wurde uns erklärt. Ok…dann fahren wir eben noch 200 km weiter, bevor wir offiziell einreisen.
Die Strasse wurde ab der Grenze tatsächlich wesentlich schlechter: Riesige tiefe Schlaglöcher, die Teilweise über die ganz Breite der Strasse gingen. Nun war Aufpassen und Slalomfahren angesagt. Aber da wir ja nur zwei Räder haben, ging das ganz ziemlich gut. Die LKWs hatten da schon mehr zu kämpfen. Wir waren erstmal wieder beruhigt: Wenn das der schlimme Zustand der Strasse ist, vor dem wir noch gewarnt wurden, dann ist ja alles gut!
Beim Erreichen der Ruta 9 in La Patria haben wir uns noch einmal mit zwei LKW Fahrern unterhalten und erfahren, dass die Strecke von eben ein absoluter Traum ist, im Vergleich zum nun folgenden Abschnitt. Und die beiden sollten recht behalten. Nach ein paar Kilometern hatten wir nicht mehr das Problem, dass wir den riesigen Löchern im Asphalt ausweichen mussten…es gab plötzlich nur noch Löcher, der Asphalt war komplett zerstört. :negative: Total k.o., da wir ja mittlerweile schon einige Stunden unterwegswaren, hoppelten wir jetzt diese grausame Piste entlang. Ich bin nur froh, dass ich den Schneehasen vor der Reise wieder auf seine normale Höhe gebracht hatte: Wir wären sonst beim rein und rauskrabbeln aus den Löchern ständig aufgesetzt. Es ist mir unbegreiflich, wie die einzige Fernstrasse durch Paraguay in einem so unglaublichen Zustand sein kann. Jeder deutsche Waldweg ist da besser. Und wir waren ja auch nicht die einzigen Deppen, die dort unterwegs waren: Tankwagen…LKWs…Viehtransporter…alle kämpften sich da durch. Einer der Fahrer hielt plötzlich an und lief wild winkend auf uns zu: Er fand es so spektakulär, hier auf zwei Motorradreisende zu treffen, dass er unbedingt Fotos machen wollte. Na gut….soll er mal machen! :-) Zum Abschied gab es dann auch noch die „ermutigende“ Info: In 50km ist es nicht mehr ganz so schlimm. Oh Gott…50km können ganz schön lang sein. Es war mittlerweile auch schon 18.00 Uhr und wir hatten noch mindestens 200km vor uns bis Filadelfia plus die noch fehlende offizielle Einreise nach Paraguay. Wir wussten,wenn es jetzt regnet, sitzen wir fest, da die Strecke dann gar nicht mehr für uns befahrbar wäre. Also wollten wir es unbedingt den Tag noch bis Filadelfia schaffen. Ausserdem wartete dort ja auch das gebuchte klimatisierte Hotelzimmer…eine schöne Dusche und lecker Essen. :mit-flaschen: Als wir nach einer weiteren Stunde Gehoppel dann aber an einer Estancia vorbei kamen, die auch Getränke an die Trucker verkauft, haben wir beschlossen, dass es in den nächsten 24h einfach mal nicht regnen wird und wir an diesem (wenig einladenden) Ort campen werden. Für die Besitzer der Estancia war es kein Problem, dass wir dort Zelten möchten, nur mit einem Badezimmer sah es irgendwie schlecht aus. Immerhin…es gab dort ein paar Büsche und Bäume…! Und 6 Liter Wasser konnten wir auch kaufen, um unsere „Höcker“ wieder aufzufüllen. Tomatensuppe und Nudeln hatten wir noch im Koffer…was will man mehr? Naja…also ganz oben auf der Wunschliste stand in dem Moment eine Klimaanlage. Auch nach Sonnenuntergang wurde es nicht wirklich kühler und da der Boden noch immer so aufgeheizt war, war es im Zelt einfach grausam heiss!! :sick: Irgendwann haben wir dann beschlossen, dass es besser ist, Nachts Besuch von kleinen Tierchen zu bekommen, als den Hitzetot zu sterben und haben sämtliche Eingänge unserer grünen Raupe geöffnet…das hat die Temperatur immerhin auf unter 40 Grad gebracht.
Am nächsten Morgen um 06.00 Uhr ging es weiter. Zu dieser Zeit ist es immerhin noch schön kühl… 25 Grad.
Der nette fotografierende LKW Fahrer vom Vortag sollte recht behalten: Nach endlosen 50 km wurde die Strecke tatsächlich besser und es gab schon mal den ein oder anderen Abschnitt auf dem noch etwas vom Asphalt übrig war. Auf der Estancia hatten wir am Abend noch erfahren, dass die Strasse erst vor 4 Jahren eingeweiht wurde!! Für uns ist es unbegreiflich, wie eine asphaltierte Strasse innerhalb von 4 Jahren zu einer solchen Piste werden kann. :unsure: In Filadelfia sollten wir später noch lernen, dass bereits zur Eröffnung die ersten Schäden vorhanden waren. Vielleicht sollte man sich hier mal jemanden holen, der sich mit solchen Dingen (Strassenbau) auskennt!
Zunächst aber haben wir gegen 14.00 Uhr endlich Mariscal erreicht und konnten offiziel in Paraguay einreisen (Stempel in den Reisepass). Für die Einfuhr der Motos mussten wir nebenan zur Aduana und bekamen gleich einen riesen Schreck, als uns der Beamte erklärte, die Motos müssen wir direkt an der Grenze einführen und nicht in Mariscal. Sollten wir jetzt etwa den ganzen Weg zurück hoppeln???? :kopf-gegen-wand: Nachdem die Jungs aber verstanden haben, dass wir nunmal noch keine Dokumente für die Motorräder bekommen hatten und uns an der Grenze gesagt wurde, wir sollen hier her fahren, haben sie uns doch geholfen und uns besagte Dokumente erstellt. Juhu…und eine Klimaanlage hatten sie dort auch!
Die letzten 100km auf der nun mehr oder weniger gut asphaltierten Strecke bis Filadelfia waren schnell erledigt und endlich waren wir im „Hotel Florida“ angekommen. Dort hatte man glücklicherweise Verständnis dafür, dass wir erst einen Tag später ankamen als gebucht und ein Zimmer war auch noch frei. Verständigungsprobleme gab es dort auch keine: Filadelfia ist die „Hauptstadt“ der Mennoniten-Kolonie Fernheim und zu unserer grossen Freude sprechen die Mennoniten perfekt deutsch. So konnte man sich auch auf der Strasse oder im Supermarkt einfach mal mit den Leuten unterhalten.
Über das Hotel sagt unser Reiseführer übrigens „sauber,wie eine deutsche Amtsstube“ und dieses mal sollte dieses blöde Buch zu meiner grossen Freude sogar recht behalten. Wir fanden, nach der sch… Strecke hatten wir uns dort auch gleich zwei Übernachtungen incl. lecker Abendessen verdient. Das Abendessen war dann auch echt der Knüller… muy bien!! :good:
Für Tag zwei in Filadelfia stand eigentlich mal wieder „Kultur“ auf dem Programm: Wir wollten die Stadt und die Museen angucken. Bis ins Kolonialmuseum sind wir noch gekommen. Nachdem wir dort etwas über die Besiedlung des „Gran Chaco“ durch die ersten Mennoniten aus Deutschland, Russland und Kanada gelernt hatten, ging es kurz in den Supermarkt, um eine Flasche Wasser zu kaufen. Da wir so begeistert waren, dort auf leckere deutsche Produkte (Gummibären, Spreewaldgurken, Rotkohl etc.) zu treffen, hat das Einkaufen doch ein paar Minuten länger gedauert. Als wir den Laden wieder verlassen wollten, war auf der Strasse „Land unter“. Da war er nun, der Regen, den wir am Vortag auf der Piste noch so gefürchtet hatten. Nur gut, dass wir dort nicht einen Tag später waren!! Unser Stadtrundgang endete aber damit. Schon nach den paar Schritten bis zum Hotel waren wir klatschnass und es hörte den ganzen Tag nicht wieder auf. Egal…so ein entspannter Hoteltag ist auch mal was feines. Immerhin hatte ich ein sehr gutes Ebook dabei!
Am Donnerstag ging es dann weiter bis Asuncion, wo Friedhelm und sein Aparthotel auf uns warteten. Dazu mehr im nächsten Beitrag.
Beim Lesen dieses letzten Blogs wird einem ja angst und bange, das waren ganz schöne Strapazen, die ihr da hinter euch gebracht habt. Dazu fallen uns zwei Sprichwörter ein: er lügt wie gedruckt und Papier ist geduldig. Hoffentlich sind die Straßen und Temperaturen bei eurer weiteren abenteuerlichen Reise besser.
Ansonsten wieder ein spannender und plastisch geschilderter Bericht. Zusammen mit den Fotos kann man alles gut nachvollziehen.
Liebe Grüße aus dem fernen Lauenburg. Hier pieselt es bei 6°.
P.s. klasse Motorradbilder
Damit keine Irrtümer entstehen: die Sprichwörter beziehen sich auf den Reiseführer und NICHT!!!!! auf Martin und seinen tollen Bericht.
Manchmal bin ich froh langweilig auf den Sofa zu liegen :whistle:
:mail: Klasse Bericht
Gruß Bob
Super !!!! :smash: :mit-flaschen:
Super Berichte und Fotos
Ihr könntet wirklich einen Reiseführer daraus machen !!!
:good: :good: :good:
Schöner Einstand Mela. Du kannst es auch!!!! :mail:
Liebe Grüße
Ma